Hans Steinbrenner und Guy de LussignyHans Steinbrenner








Licht aus der Tiefe

Malerei von Hans Steinbrenner in der Galerie Spielvogel


Malerei und Bildhauerei wurden in unserem Jahrhundert lange - allzulange - als getrennte Kategorien der Kunst begriffen, trotz Renoir und Matisse. Für unser Jahrhundert hat Picasso mit seinem Werk das rigorose Denken in Kategorien unmöglich gemacht.
Zu den Nachgeborenen, die sich der Ambivalenz von Skulptur und Malerei gestellt haben, gehört der 1928 in Frankfurt am Main geborene Hans Steinbrenner. Seine Ausbildung als Bildhauer, in Frankfurt bei Hans Mettel und in München bei Toni Stadler, führte ihn nach deutlich organisch und zeichenhaft bestimmten Phasen seiner Entwicklung zu einem strengen Aufbau von Skulpturen aus rechtwinkligen Elementen. Ob überlebensgroß oder 18 Zentimeter hoch, "statuieren" sie - im wahren Sinn des Wortes - den organischen Zusammenhang mit der Menschengestalt.
Die Auseinandersetzung mit dem Konstruktivismus und der geometrischen Flächenmalerei lag schon in den sechziger Jahren in der Luft. Sie brachte Steinbrenner dazu, Plastik und Malerei als Extreme eines Ganzen im dreidimensionalen Raum zu begreifen. Im Zeitalter der Weltraumforschung scheint Steinbrenners Malerei beinahe selbstverständlich. Treffen sich in seinen Bildern doch Naturwissenschaft und Kunst fast wie zu Leonardos und Dürers Zeiten.
Streng wirkende Federzeichnungen mit sich kreuzenden Senkrechten und Querstrichen waren das Vorspiel zu Steinbrenners dunklen Gemälden mit den rechtwinkligen farbigen Bahnen in verschiedener Größenordnung, die das Auge in unendliche dunkle Tiefen ziehen; die helleren "Elemente" schweben uns entgegen. Farbe wird dabei immer wieder zum "Klang". Die Bilder sind ein synästhetischer Grenzfall; Hans Steinbrenner nennt sie denn auch folgerichtig "Kompositionen".
Seine Auffassung des Räumlichen hat Steinbrenner aus den reliefartigen Zusammenhängen des Kubismus entwickelt. Mit dieser Konsequenz gehört er denn auch zu den wenigen, die den Kreis des Jahrhunderts durch Annäherung zu schließen vermögen.

Doris Schmidt
Süddeutsche Zeitung, 27./28. März 1997

zurück